Institut für Erziehungswissenschaft

Lehre

Lehrveranstaltung im SoSe 2023

"Politische Musik oder musikalische Politik? Kohärenz und Widerspruch von politischer und ästhetischer Bildung" (gemeinsam mit Simon Helling)

Musik spielt in politischen Bewegungen eine zentrale Rolle. Keine Demonstration kommt ohne Sprechchöre und Sound-System aus. Musik wird dort zum Medium politischer Botschaften: Sie transportiert und verbreitet politische Slogans. Gleichzeitig ist Musik ein beliebtes Mittel politischer Bildung. Mit und durch Musik können politisch brisante Themen in den Schulunterricht gebracht werden. Sie ermöglicht einen anderen – kreativeren, emotionaleren – Zugang zur Politik, der gerne mit der rationalen Diskussion von Texten kontrastiert wird. Das Interesse von Schüler*innen am politischen Austausch kann gerade durch Musik geweckt werden.
Doch die Gefahr hierbei ist, dass die Musik ganz in den Dienst des Politischen gestellt wird. Im schlimmsten Fall wird diese Instrumentalisierung der Musik zur Propaganda und emotionalen Manipulation. Im weniger problematischen Fall gehen die Erkenntnispotentiale, die Musik gerade auch in politischer Hinsicht bietet, verloren. Ästhetische und politische Bildung können so in einen Widerspruch geraten.
Im Rahmen dieses Blockseminar möchten wir genau diese Spannung zwischen ästhetischer und politischer Bildung in den Blick nehmen. Die Veranstaltung teilt sich hierfür in drei Themenblöcke:

  1. Politische Bildung als Aufgabe der Schule? Im ersten Block diskutieren wir in Auseinandersetzung mit Texten Hannah Arendts, inwiefern politische Bildung und insbesondere die politische Urteilsbildung, Teil des Schulunterrichts sein können und sollten.
  2. Verhältnis von ästhetischer und politischer Bildung. Mit Friedrich Schenkers „Fanal Spanien 1936“ und Auszügen aus Adornos „Ästhetischer Theorie“ werden Grenzen und Gefahren der Instrumentalisierung von Musik zum Zwecke politischer Motive kritisch diskutiert.
  3. Politische Bildung durch Komposition und Song-Writing. Mit der Singer-Song-Writerin Anna-Luca Mohrhenn widmen wir uns an den zwei letzten Seminartagen der praktischen Arbeit politischer Bildung mit Musik zu. Durch verschiedene Übungen und Beispiele wird der Einsatz von Musik im Schulunterricht als Mittel politischer und ästhetischer Bildung veranschaulicht.

Das Blockseminar richtet sich primär an Lehramtsstudierende der Gesellschafts-, Kultur- und Geisteswissenschaften, insbesondere der Musikpädagogik, Philosophie, Politikwissenschaft und Erziehungswissenschaft. Die Bereitschaft, sich an praktischen musikalischen Übungen (Chor-Gesang) und kreativen Schreibaufgaben (Song-Writing) zu beteiligen, wird vorausgesetzt.

Auszüge aus der Seminarliteratur:

  • Adorno, Theodor W. (1970/2016): Ästhetische Theorie. Frankfurt a.M.
  • Arendt, Hannah (1958/1994): Die Krise in der Erziehung. In: Dies.: Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Übungen im politischen Denken I. Hrsg. v. Ursula Ludz. München, S.255-276.
  • Arendt, Hannah (1982/2017): Das Urteilen. München/Berlin.

Lehrveranstaltung im WiSe 2022/23

"Erziehung zur Kritik?!"

Das Seminar dreht sich um die Bedeutung der Grundbegriffe Erziehung und Kritik für die Erziehungswissenschaft sowie den Lehrberuf. Exemplarisch werden Texte einer Kritischen Pädagogik (Freire) und der Kritischen Theorie (Adorno) analysiert, um zu verstehen, wie unterschiedliche Kritikverständnisse in der Pädagogik rezipiert und durchdacht werden. Darüber hinaus wird die Frage gestellt, inwiefern ‚Kritik‘ auf eine Krise der Erziehung bzw. des Erziehungsbegriffs antworten kann (und soll?). Die Veranstaltung widmet sich zudem einer aktuellen Bewegung innerhalb der internationalen Erziehungswissenschaft (und Lehrkräftebildung): Der Post-Critical Pedagogy. Diese Bewegung versucht das Verhältnis zwischen Erziehung und Kritik in der Pädagogik anders zu denken und eine Haltung von Lehrkräften stark zu machen, die sich durch ‚love for the world‘ kennzeichnet. Welche Bedeutung diese Forderung für die Lehrprofession hat, soll im Detail diskutiert werden. 
Das Seminar richtet sich insbesondere an Lehramtsstudierende der Gesellschafts-, Kultur- und Geisteswissenschaften. Die Bereitschaft, englischsprachige Texte zu lesen, wird vorausgesetzt.

Auszüge aus der Seminarliteratur:

  • Adorno, Theodor W. (1966): Erziehung wozu? In: Ders. (1971/2017): Erziehung zur Mündigkeit. Vorträge und Gespräche mit Hellmut Becker 1959-1969. Hrsg. v. Gerd Kadelbach. Frankfurt a. M., S. 105-119. 
  • Adorno, Theodor W. (1969): Erziehung zur Mündigkeit. In: Ders. (1971/2017): Erziehung zur Mündigkeit. Vorträge und Gespräche mit Hellmut Becker 1959-1969. Hrsg. v. Gerd Kadelbach. Frankfurt a. M., S. 133-147. 
  • Arendt, Hannah (1958/1994): Die Krise in der Erziehung. In: Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Übungen zum politischen Denken I. München. S. 255-276.
  • Casale, Rita (2022): Einführung in die Erziehungs- und Bildungsphilosophie. Paderborn. 
  • Freire, Paolo (1968): Pedagogy of the Oppressed. New York/London. 
  • Hodgson, Naomi/Vlieghe, Joris/Zamojski, Piotr (2017): Manifesto for a Post-Critical Pedagogy. London.
  • Vlieghe, Joris/Zamojski, Piotr (2019): Towards an Ontology of Teaching. Thing-centred Pedagogy, Affirmation and Love for the World. Cham. [Ch. 1-4]
  • Wortmann, Kai (2022): Kritik. In: Feldmann, Milena/Rieger-Ladich, Markus/Voß, Carlotta/Wortmann, Kai (Hg.): Schlüsselbegriffe der Allgemeinen Erziehungswissenschaft. Pädagogisches Vokabular in Bewegung. Weinheim/Basel: Beltz/Juventa, S. 251-259.  
  • Zamojski, Piotr (2015): Philosophy for Education – an attempt at exercise in thought. In: Kwartalnik Pedagogiczny, 2015, 1 (235), 127-151.
     

Lehrveranstaltung im SoSe 2022

"Aesthetic Education and (Second) Language Acquisition: A Critical Approach" (gemeinsam mit Thassilo Polcik)

The course is located at the crossroads of second language education, literature, and educational theory. It addresses students who want to become teachers of a (second) language or pedagogy. Our main focuses are:
i) theoretical foundations of language acquisition, literacy, and aesthetic education second language
ii) education through the medium of literature with young, intermediate and advanced learners
iii) literary and theoretical explorations of utopian and dystopian visions (with a particular focus on the role of education in those visions)

i) Language does not only serve a communicative purpose but through language we can understand and experience the world, objectify our own experiences as well as relive and relate to experiences of others. Especially the latter is possible only because of language’s aesthetic qualities. Literacy then can not only mean that one is proficient in reading texts, but can understand – and thereby experience – literary texts in their aesthetical dimensions. Moreover, literacy entails the ability to understand the world’s complex problems through language. In this sense, literacy is critical, i.e. students as well as teachers should be able to understand power relations in a globalized world. In order to convey these aspects of language and literacy to future language teachers, we will read excerpts from Adornos Aesthetic Theory and Freire’s Pedagogy of the Oppressed.

ii) Literature in the second language classroom entails advantages that are seldomly fully recognized and then put into practice in the German school system. Research in second language acquisition (SLA) as well as literacy in general has long emphasized the importance of word play, creative writing and extensive reading not only in regard to language proficiency but also critical thinking. The primary practical aim of this course is therefore to encourage future language teachers to use literature in class already at early stages of learner development. For this purpose, we will be examining more closely the appeal of nursery rhymes and picture books to young learners and discuss the potential of reading children’s classics (e.g. L. Frank Baum’s The Wonderful Wizard of Oz; Ted Hughes’ The Iron Man) as well as graphic novels (Neil Gaiman’s Coraline, Wolves in the Walls) with intermediate learners.

iii) Utopia and Dystopia are topics dealt with in the ‘Oberstufe’, as it is prescribed by the North Rhine-Westphalian curriculum for the English language. Normally, a modern dystopian classic like  Brave New World, Nineteen Eighty-Four or Fahrenheit 451 is read. Instead, we want to explore an alternative: B.F. Skinner’s Walden Two. The novel, vividly outlining a behaviourist utopia, can be critically interrogated through educational theory. This critical reading is supposed to inform a reflection on the possibilities of a didactical implementation of the novel.

Lehrveranstaltung im WiSe 2021/22

"Urteilskraft und Lehrberuf"

Das Seminar möchte sich mit der entscheidenden Fähigkeit jeder professionellen Lehrkraft auseinandersetzen: dem Urteilsvermögen. Anhand von Hannah Arendts Lectures on Kant’s Political Philosophy, die sie 1970 an der New School for Social Research hielt, wird ihr besonderes Verständnis der Urteilskraft analysiert und seine Bedeutung für den Lehrberuf diskutiert. Der erste Teil des Seminars widmet sich daher der kritischen Auseinandersetzung mit Arendts Vorlesungen im englischen Original (via Moodle zugänglich). Im zweiten Seminarteil wird zunächst Arendts Erziehungsverständnis analysiert. Anschließend werden mit Rückbezug auf Arendts Bericht über den Eichmann-Prozess vor allem Fehlvorstellungen der Urteilskraft problematisiert. Dieses Seminar richtet sich insbesondere an Lehramtsstudierende, die sich theoretisch fundiert mit der Komplexität ihres späteren Arbeitsfelds und ihrem Professionsverständnis auseinandersetzen möchten.

Auszüge aus der Seminarliteratur:

 

  • Arendt, Hannah (1970/1992): Lectures on Kant’s Political Philosophy. Edited and with an interpretive essay by Ronald Beiner. Chicago.
  • Arendt, Hannah (1970/2017): Das Urteilen. München/Berlin.
  • Arendt, Hannah (1963/2006): Eichmann in Jerusalem. A Report on the Banality of Evil. New York. (nur Postscript, S. 280-298)
  • Arendt, Hannah (1958/1994): Die Krise in der Erziehung. In: Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Übungen zum politischen Denken I. München. S. 255-276.
  • Hermenau, Frank (1999): Urteilskraft als politisches Vermögen. Zu Hannah Arendts Theorie der Urteilskraft. Lüneburg.
  • Schwarz, Eva (2011):‘Die Welt mit anderen teilen‘. Über den Zusammenhang von Urteilskraft und Erziehung bei Hannah Arendt. In: Lehmann, Sandra/Loidolt, Sophie (Hg.): Urteil und Fehlurteil. Wien/Berlin: Turia+Kant. S. 247-268.

Lehrveranstaltung im SoSe 2021

"Education and Belonging in a Hostile World //
Bildung und Zugehörigkeit in einer feindlichen Welt"

Die Veranstaltung steht im Kontext des Projekts „Kohärenz in der Lehrer*innenbildung“ (KoLBi) und thematisiert die Überschneidungen von englischer Literaturwissenschaft und Bildungstheorie/Bildungsphilosophie im Kontext professionalisierender Lehrer*innenbildung. Das Seminar teilt sich in vier Phasen:

  1. Die absolut feindliche Welt unter Bedingungen totaler Herrschaft: In Auseinandersetzung mit Hannah Arendts Artikel “Ideology and Terror“ (1953) werden einige Kernelemente Ihres Werks The Origins of Totalitarianism (1951) nachgezeichnet und analysiert. Hierbei steht vor allem das Verständnis einer Welt, die den Menschen, ihrer Lebensweise und ihren Lebensbedingungen gegenüber feindlich geworden ist und in eine Verlassenheit mündet, im Zentrum. Im Kontrast hierzu werden Fragen nach der Zwischenmenschlichkeit und Sozialität von Bildung aufgeworfen.
  2. Der Weltverlust in der Spätmoderne: In dieser Seminarphase wird Arendts Typologie menschlich-praktischer Tätigkeitsformen (arbeiten, herstellen, handeln) einleitend vorgestellt und mit Bezug auf ihr Werk The Human Condition (1954) eingehender diskutiert. Es werden Fragen nach der Möglichkeit eines Gemeinsinns in einer entfremdeten Welt sowie der Bedeutung des animal laborans (Arbeitstier) für gegenwärtige Konzepte des Lernens und Lehrens in den Mittelpunkt gestellt.
  3. Bildung/Erziehung und (Un)Zugehörigkeit: In dieser Phase des Seminars werden das Konzept des Außenseitertums in Arendts Aufsatz “The Jew as Pariah: A Hidden Tradition” (1944) sowie ihre Überlegungen zu Generation und Krise in “Die Krise in der Erziehung” (1958) bildungstheoretisch analysiert. Hierbei wird die Bedeutung von (Un)Zugehörigkeit für Erziehungs-/Bildungsprozesse sowie bildungstheoretische Konsequenzen einer harschen Trennung von Pädagogik und Politik thematisiert.
  4. Philosophisch informierte Analyse von Last Ones Left Alive (2019): In der letzten Seminarphase liegt der Fokus auf der philosophisch informierten und literaturwissenschaftlichen Analyse des dystopischen Romans Last Ones Left Alive (2019) von Sarah Davis-Goff. Die zuvor herausgearbeiteten Arendtschen Konzepte werden exemplarisch anhand einiger Szenen des Romans veranschaulicht und weiterreichend problematisiert.

Lehrveranstaltung im WiSe 2020/21

"Schule als Ort der Erziehung?"

 

In dem Seminar setzen wir uns mit den Grundbegriffen der Erziehungswissenschaft im Zusammenhang mit der Institution Schule auseinander. Im Mittelpunkt des Seminars steht die Frage danach, inwiefern die Schule ein Ort der Erziehung, der Sozialisation und/oder der Bildung sei und wie diese je unterschiedlichen Auffassungen das Verständnis dieser Institution bedingen. Die Schule kann als Ort verstanden werden, der auf das politische Leben in der Gesellschaft vorbereitet. Gleichzeitig kann sie als Schonraum zum Schutz vor der Gesellschaft konzipiert werden. Die Lehrpersonen müssen sich also kontinuierlich mit dem Spannungsfeld von politischen und pädagogischen Anforderungen auseinandersetzen. Sie sind Vertreterinnen der Gesellschaft vor der Schülerschaft und gleichzeitig durch die Schüler*innen fortwährend mit der Infragestellung der bestehenden Gesellschaftsordnung konfrontiert. In Auseinandersetzung mit ausgewählten Kapiteln aus John Deweys Werk "Demokratie und Erziehung" (1916) stellen wir uns im Seminar Fragen nach der politischen Dimension und der gesellschaftlichen Funktion des Lehrberufs.
Das Seminar findet online statt.

 

Auszüge aus der Seminarliteratur:

  • Casale, Rita (2012): Verstaatlichung der Erziehung und Entstaatlichung der Bildung. Anmerkungen zur Krise der Komplementarität von Staat und Familie. In: Aubry, Carla/ Geiss, Michael/ Magyar-Haas, Veronika/ Miller, Damian (Hg.): Positionierungen. Zum Verhältnis von Wissenschaft, Pädagogik und Politik. Weinheim. S.131-141.
  • Dewey, John (1916): Democracy and Education. An Introduction to the Philosophy of Education. New York. [verschiedene Kapitel der dt. Ausgabe]
  • Oelkers, Jürgen (2009): John Dewey und die Pädagogik. Weinheim. [Auszüge]

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